Honeyblood haben gewissermaßen das ideale Debütalbum aufgenommen. Nicht, dass das emotionsgeladene Damen-Duo aus Glasgow mit seinem vor Kurzem auf dem renommierten Fat Cat-Label veröffentlichten selbstbetitelten Erstling ein in Granit gehauenes Meisterwerk wie etwa "Surfer Rosa" von den Pixies oder das selbstbetitelte Debüt der Throwing Muses abgeliefert hätte. Stattdessen haben Sängerin, Gitarristin und Songwriterin Stina Marie Claire Tweeddale und Drummerin Shona McVicar eine Platte aufgenommen, die bisweilen das volle Potenzial des Duos nur erahnen lässt, aber genau deshalb Lust auf mehr macht. Trotzdem ist der mit The-National-Produzent Mark Kates an der US-Ostküste entstandene Schnellschuss der beiden Schottinnen ein Heidenspaß. Denn so süßlich Stinas Stimme bisweilen auch klingen mag - die rohe Energie der Musik spricht eine andere Sprache, ganz abgesehen davon, dass die zwei textlich zu einem schonungslosen Rundumschlag ausholen gegen "alle Liebhaber und Loser, die ihnen je übel mitgespielt haben", wie es im NME so treffend hieß. "I will hate you forever/ Scumbag sleaze/ Slime-bag beast", brüllt Stina in "Super Rat" heraus: "You really do disgust me."
Der Crunch-Pop von Honeyblood orientiert sich am klassischen 90er-Jahre-Indierock - sprich, das Duo macht die Art von Musik, die live noch viel besser rüberkommt als auf Platte. Selbst die Tatsache, dass Schlagzeugerin Shona die Band während einer laufenden Englandtournee Mitte September unter bislang nicht detailliert erklärten Umständen verlassen hat, konnte die Band nicht aufhalten. Nach nur zwei verschobenen Konzerten präsentierte Stina mit Cat Myers eine ganz exzellente Nachfolgerin und die Tour ging weiter, als sei nichts geschehen. Derzeit sind Honeyblood auf ihrer ersten Europa-Gastspielreise überhaupt unterwegs, und Gaesteliste.de hatte am Premierenabend in Köln nach dem feinen Konzert im Blue Shell die Gelegenheit, kurz mit Stina zu sprechen - und wetten, dass sie froh war, dass bei unserem 10+10 die Frage nach Shonas Ausstieg außen vor blieb?
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1. Was ist deine Definition von "guter Musik"?
Oh, das ist aber eine schwere Frage! Musik, die ich mag, muss vor allem ehrlich sein, Spaß machen und laut sein. Sie muss die gewisse Energie haben. Alle Künstler, die ich mag, haben viele Emotionen und geben sich ganz der Musik hin.
2. Was war der wichtigste Einfluss bei den Aufnahmen zur neuen Veröffentlichung?
Entscheidend war, dass wir nur zehn Tage Zeit hatten, um 13 Songs aufzunehmen. Wir mussten also mehr als einen Song pro Tag fertig kriegen, was ziemlich heftig ist, wenn du dich auch noch um die Produktion kümmern willst. Während der Aufnahmen habe ich definitiv ein paar Mal die Belastungsgrenze erreicht. Einige der Schreisongs habe ich mir ganz bis zum Schluss aufgehoben. Den Gesang für "Choker" und "All Dragged Up", die aggressivsten Nummern, habe ich erst ganz am Ende aufgenommen und ich denke, das kann man auch hören. Abgesehen davon ist es so, dass man im Studio nie genug Zeit hat. Man könnte einfach ewig an den Songs weiterarbeiten.
3. Warum sollte jeder eure neue Veröffentlichung kaufen?
Nun, die Platte ist einfach gut - und sie ist besonders geeignet, dazu ein Schaumbad zu nehmen!
4. Was hast du dir von deiner ersten Gage als Musiker gekauft?
Ich habe es in Drinks investiert! Meine erste Gage waren zehn Pfund und dafür gab es zwei Pints (lacht)! Das war noch zu Teenagerzeiten, als ich noch allein aufgetreten bin. Ganz zu Anfang habe ich übrigens statt Geld Bier als Gage bekommen!
5. Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, dass du Musiker werden wolltest?
Ja! Zum ersten Mal die Breeders zu hören, hat mein Leben verändert. Ich hatte zuvor noch nie eine Frau mit so viel Gefühl wie Kim Deal singen hören, die sich dabei überhaupt nicht anzustrengen scheint. Der erste Breeders-Song, den ich je gehört habe, war "Doe", die erste LP dann "Last Splash". Mein Lieblingssong der Platte ist "Do You Love Me Now". Ich war nicht mehr die Gleiche, nachdem ich das Lied zum ersten Mal gehört hatte!
6. Hast du immer noch Träume - oder lebst du den Traum bereits?
Oh, ich habe auf jeden Fall noch Träume! Einer ist, eine zweite Platte zu machen, für die ich gerade Songs schreibe. Außerdem wäre es toll, mit einer Wahnsinnsband wie PJ Harvey oder den Breeders auf Tour zu gehen. Darauf arbeite ich hin!
7. Was war deine größte Niederlage?
Oh, ich weiß nicht, das ist eine schwere Frage! Ich nehme die Dinge einfach so, wie sie kommen, die guten wie die schlechten. Die guten Dinge, die passieren, sind für mich einfach unglaublich. Platten zu veröffentlichen und auf Tour zu gehen, ist wie eine Achterbahnfahrt für mich. Als ich die Songs in meinem Schlafzimmer geschrieben habe, hätte ich mir zum Beispiel nie träumen lassen, dass ich es mal auf eine Bühne in Köln schaffe!
8. Was macht dich derzeit als Musiker am glücklichsten?
Die Tatsache, dass die Leute bei den Konzerten meine Texte mitsingen. Dass ich wie heute in ein fremdes Land kommen kann und die Leute mitsingen, ist unglaublich. Das will mir gar nicht so recht in den Kopf und ich gewöhne mich erst langsam daran.
9. Welches ist das schlechteste Lied, das je geschrieben wurde?
Es gibt so viele Lieder, die ich nennen könnte! Erinnerst du dich noch an den Hit von Crazy Frog? Gott, habe ich das Lied gehasst! Außerdem bin ich nicht unbedingt ein Fan von One Direction. Ich bin sicher, dass das nette Jungs sind, aber als Band sagen sie mir gar nichts. Der schlechteste Song ist aber definitiv der von Crazy Frog (lacht)!
10. Wer - tot oder lebendig - sollte auf deiner Gästeliste stehen?
Ich wäre glücklich, wenn Tom Waits käme und ich anschließend etwas mit ihm trinken könnte, denn er ist ein großartiger Songwriter! Natürlich wäre ich total nervös, denn was wäre, wenn er mich nicht mag und mir sagen würde, dass meine Songs nichts taugen? Dann wäre ich vermutlich ziemlich niedergeschlagen und müsste erst einmal heulen. Trotzdem wäre er meine erste Wahl!
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