Vor wenigen Tagen haben sie ihr fulminantes Debüt releast und wir haben "Hilleboom" bereits ordentlich gefeiert. "Immer kräftig, dreckig, stampfend und energetisch, intensiv. Stark!" schrieben wir über die Songs zwischen Stoner Rock, Grunge, Noise und Garage und Rock N Roll und wunderten uns, wie das Ganze trotzdem aus einem Guss aus den Boxen ballert. Und damit waren wir nicht alleine.
Sandro sagte uns: "Wir sind mit den bisherigen Reaktionen auf das Album sehr zufrieden. Seit über einem Jahr fehlt die Reaktion bei den Live-Shows komplett. Keine Interaktion mit dem Publikum, keine schweißnassen, strahlenden Gesichter, null Feedback. Die neuen Songs haben, bis zur Veröffentlichung, nur eine Handvoll Leute gehört und das waren enge Freunde, befreundete Bands und dann schließlich Arne und sein Team bei Noisolution. An dieser Stelle übrigens ganz liebe Grüße nach Berlin. 'Hilleboom' war ein kompletter Kaltstart, wir wussten nicht wie es ankommen würde. Aber es hat funktioniert und das freut uns sehr." Kollege Peter ergänzt zudem: "Direkt negativ war bisher nichts. Ein, zwei waren so geschrieben, dass es alles sein könnte: negativ, positiv oder Weltraum."
Klar, das Album ist frisch draußen. Aber man kann ja mal fragen: Wie sieht es mit Album Nummer 2 aus? Schon erste Pläne oder Ideen? Sandro: "Die gibt es allerdings. Da die Konzerte wegfallen, haben wir mehr Zeit für neues Material. Ob es gleich ein neues Album wird, oder wir andere Sachen ausprobieren, wissen wir noch nicht. Aber an Kreativität mangelt es sicher nicht. Es sind weitere Musikvideos geplant, wir sind im ständigen Austausch mit anderen Bands, planen und spinnen herum. Es passiert was."
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1. Was ist eure Definition von "guter Musik"?
Sandro: Ich muss einfach Lust drauf haben. Es kommt auf das Genre an. Rockmusik muss echt und authentisch sein, das will ich fühlen. Dann gibt es Musik, da darf oder sollte ein bisschen getrickst oder programmiert werden und im Tech-Death müssen es so viele Töne wie möglich sein. Und auf der Show will ich, dass es genauso, oder abgefahrener klingt. Kann ich also nicht pauschal beantworten.
Peter: Sandro spricht es gerade an. Definition ist schwierig. Für mich ist es alles, was etwas auslöst in mir. Ich denke aber, dass es schon eine Melodie sein muss, die auch die Beatles hätten schreiben können.
2. Was war der wichtigste Einfluss bei den Aufnahmen zur neuen Veröffentlichung?
Sandro: Bei "Hilleboom" war es die Aufnahmesituation an sich. Wir waren bei Freunden auf einem alten, umgebauten Bauernhof. Es war Sommer, wir wurden eingeladen, wir sollten uns wie zuhause fühlen und das war es dann auch schon. Als unser Equipment erstmal stand, lief alles wie von selbst. Wir haben im Garten zwischen netten Menschen und herumtollenden Tieren gefrühstückt, die Sonne schien permanent, wir haben ein bisschen am Sound gebastelt, mittags den ersten Gin Tonic getrunken und waren einfach frei. Ohne Druck und festgestecktem Ziel, haben wir unsere rohen Songs ausgebaut und nach ein paar Tagen war das Album im Kasten. Ein bisschen wie im Traum.
Peter: Jop. Gin Tonic war ein wichtiger Einfluss.
3. Warum sollte jeder eure neue Veröffentlichung kaufen?
Sandro: Zum einen, weil wir sehr gerne etwas mehr Geld mit unserer Musik verdienen würden, hehe. Aber Spaß beiseite. Wir machen schon so lange Musik, egal ob in gemeinsamen Bands oder unterschiedlichen Projekten. Wir kennen uns seit 18 Jahren und haben unser halbes Leben auf eine spezielle Art miteinander verbracht und erlebt. Als Duo wird alles sehr persönlich kanalisiert. Oben sprach ich davon, dass Rockmusik echt und authentisch sein muss. Das trifft bei uns zu und darüber sind wir sehr glücklich. Wir zusammen haben das gefunden, was zwischen uns einfach passiert - und da geht es nie um Schemata oder Pläne. Unsere Musik hält Momente und Gefühle fest, die wir wirklich durchleben. Das wollen wir gerne teilen und erzählen.
Peter: Kurz gesagt, das Album ist abwechslungsreich und in jedem Song ist ein kleiner Teil unserer Seele.
4. Was habt ihr euch von eurer ersten Gage als Musiker gekauft?
Sandro: Wenn wir von einer richtigen Gage und nicht nur einer Aufwandsentschädigung sprechen, dann ist die Antwort wohl: Musikinstrumente, bzw. Equipment. Aber ich gebe auch sehr gerne Geld aus. Wenn wir auf Tour sind, steige ich bei jedem Halt mit aus, egal ob ich was brauche oder nicht, gehe in jede Tankstelle, kauf mir hier noch einen Snack und da noch ein Bier oder Energy Drink. Und wenn wir am Venue ankommen und noch ein bisschen Zeit ist, die Stadt zu erkunden, komm ich auch mal mit irgendwelchen Halloween-Masken, neuem Nagellack oder trashigen 3-Euro-DVDs vom Wühltisch zurück. Ich glaub, das wird sich nie ändern.
Peter: Jop. Ich gehe immer mit und will dann auch was Sandro hat.
5. Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, dass ihr Musiker werden wolltet?
Peter: Ich bin nicht sicher. Mit 15 vielleicht. Ich hab mir von irgendwo eine Akustik-Gitarre besorgt und hab einfach nicht mehr aufgehört.
Sandro: Als ich ungefähr 12 Jahre alt war, fing ich an bewusster bzw. intensiver härtere Musik zu hören. Der Freundeskreis veränderte sich und ehe man sich versah, war man Metaller oder Punk. Als sich dann die ersten Freunde überlegt hatten,
eine Gitarre zu kaufen, ging es ganz schnell. Ich entschied mich für das Schlagzeug und plötzlich war man eine Band. Oder sowas ähnliches. Wir waren schrecklich. Aber trotzdem wusste ich recht schnell, dass es das sein wird. Nicht wie die Carrera-Bahn, die zwei Wochen nach Weihnachten zustaubt. Das haben meine Eltern dann auch irgendwann gemerkt. Und inzwischen habe ich fünf Schlagzeuge, vier Gitarren, unzähliges anderes Spielzeug und zu wenig Platz.
6. Habt ihr immer noch Träume - oder lebt ihr den Traum bereits?
Sandro: Es ist schon ziemlich beeindruckend und befriedigend, was wir alles erlebt haben, wen wir kennenlernen und mit wem wir uns die Bühne teilen durften, wo wir überall waren und was wir gesehen haben. Aber natürlich geht es immer weiter. Wir sind unendlich weit von irgendwelchen Träumen weg, aber wir sind auch keine Träumer. Wir sind glücklich mit unserer Entwicklung, sind dankbar für das, was wir bis jetzt erleben durften und freuen uns auf alles was noch kommt.
Peter: Da stimme ich zu.
7. Was war eure größte Niederlage?
Sandro: Wir haben es mit unserer alten Band tatsächlich mal geschafft, vor null zahlenden Gästen zu spielen. Man hat ja mal Pech und spielt vor fünf Leuten, aber bei uns ist wirklich mal niemand gekommen. Es war eine ziemlich blauäugige Tour, jeden Tag Shows, also auch komplett unterhalb der Woche. Und dann war da eben dieser eine Wochentag, irgendwo im Nirgendwo in Süddeutschland. Glaub ich. Wir haben trotzdem gespielt, aufgebaut war es ja eh. Da fällt mir ein, eine Person war neben der Venue-Crew noch da. Ein Herr von der Lokalpresse und der wollte ein Interview. Verrückte Situation. Inzwischen finde ich es sehr lustig, es war vielleicht auch keine
Niederlage, aber ein ganz schöner Dämpfer für die Tour und uns als Band damals.
8. Was macht euch derzeit als Musiker am glücklichsten?
Sandro: Die Zeit für Neues. Denn das ist momentan so ziemlich das einzige, was passieren kann. Wir haben frisch veröffentlicht, normalerweise würden wir aktuell einen Haufen Konzerte spielen. Stattdessen sitzen wir im Proberaum und schreiben fleißig neues Material. Konzerte wären mir lieber, aber wir machen das Beste draus. Wir probieren viel aus, Peter experimentiert viel mit neues Mikros und Technik, wir planen neue Musikvideos, all das, was wir gerade machen dürfen. Und abseits des schöpferischen Prozesses war es in den letzten Wochen sehr interessant neue Leute kennenzulernen. Wir haben viele Interviews am Telefon oder vor dem Bildschirm, als Video-Calls geführt und das hat ein bisschen die fehlende Live-Situation kompensiert. Es geht um deine Musik und du schaust dabei in fremde Gesichter, die dich anlachen, die Spaß dabei haben.
9. Welches ist das schlechteste Lied, das je geschrieben wurde?
Sandro: Tatsächlich bin ich da wohl der falsche Ansprechpartner. Irgendwie hat in der Kunst so ziemlich alles irgendwie eine Daseinsberechtigung. Manchmal feier ich die richtig schrägen Sachen total ab und ernte dafür Kopfschütteln. Den einzigen harten und unumstößlichen Schnitt mache ich, wenn der Inhalt Müll ist. Rechte Scheiße, Homophobie, Hetze und Hass. Das hat in meiner und unserer Welt nix verloren. Solche Leute will ich nicht auf unseren Konzerten und diese Idioten sollen auch nicht unsere Platten kaufen.
10. Wer - tot oder lebendig - sollte auf eurer Gästeliste stehen?
Sandro: Da muss ich immer zuerst an unsere Freunde und Familien denken. Und es wäre schön, ein paar Leute nochmal dabei haben zu können. Ich brauche keinen Lemmy oder Kurt Cobain im Publikum, nur weil sie einen Namen haben. Wir waren eine Tour lang Gastmusiker bei unserer Freundin AmyJo Doh & The Spangles und haben The Libertines supportet und natürlich ist es ein gutes Gefühl, wenn du zurück in den Backstage kommst und Pete Doherty dir auf die Schulter klopft und von deiner "killer Band" spricht, aber die Gästeliste gehört den Freunden und der Familie. Und manchmal der Presse.
Peter: Family auf jeden Fall.
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