Im Januar veröffentlichten Alarmsignal ihr tolles neues Album "Ästhetik des Widerstands", ein Album voller, Zitat von uns, "Deutschpunk mit Gästen und der großen Geste, mit ganz viel Ohs, ganz viel Chören und mit Tempo, Melodie und Politik. Richtig schönes Ding." Als Gäste sind Gunnar von Dritte Wahl, Torsun von Egotronic, Mel von Shirley Holmes und Dariush Beigui, Kapitän des Rettungsschiffs Iuventa1 und gleichzeitig Sänger Jesus Skins am Start. Sänger und Gitarrist Bulli sagt im Interview mit Gaesteliste.de: "Wir haben die Songs geschrieben und dachten direkt immer an ebendiese Features. Jede*r hat glücklicherweise zugesagt und alle haben ihre ganz eigene Note zu den jeweiligen Songs beigetragen. Wir sind sehr happy über die Features und die Ergebnisse." Ebenfalls mitgemacht hat Produzent Michael Czernicki und das hört man, behauptet Sänger und Bassist Steff: "Er spielt eine höchst professionelle Rolle und das ist bei uns chaotischem Haufen als Ausgleich auch nicht verkehrt gewesen. Sein Anspruch war und ist es, aus jeder Produktion das Bestmöglichste herauszuholen und wir finden, dass ist ihm (und uns) gelungen. Auch wenn es für den ein oder anderen von uns anfangs sicherlich nicht leicht war, dass jemand externes uns mit Rat und Tat und Kritik zur Seite stand, wäre das Ergebnis ohne ihn nicht das geworden, was es ist." Was wird: ist live. Irgendwann, geplant für 2022. Aber Steff weiß: "Wie es wird und was zu erwarten ist, werden die Umstände bestimmen. So weit können wir aktuell leider noch nicht in die Zukunft schauen und dafür passiert auch gerade einfach zu viel. Wir planen auf alle Fälle, lassen uns auch den Optimismus nicht nehmen und haben natürlich Bock drauf, mit dem neuen Album im Rücken ein paar Locations zu zerlegen."
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1. Was ist eure Definition von "guter Musik"?
Bulli: Für mich muss "gute Musik" ehrlich sein und mich emotional berühren.
Steff: Authentisch, eingängig und ich brauche bei Musiker*innen oder Bands zudem das Gefühl, dass das keine Arschlöcher sind.
2. Was war der wichtigste Einfluss bei den Aufnahmen zur neuen Veröffentlichung?
Bulli: Ich denke die Zeit und Situation, in der wir die Songs geschrieben haben. Man kann es ja nicht mehr lesen, aber die Platte entstand während der Covid-Phase in und zwischen den ersten Lockdowns. Daher ist die Platte mal etwas schwerer, suchender - aber gleichzeitig auch positiv und voller Hoffnung.
Steff: Der wichtigste Einfluss ist immer die jeweilige Situation, in der der Song geschrieben wurde. Dieser lässt sich allerdings schwer auf einen Nenner bringen, weil wir beim Schreiben manchmal nachdenklich, manchmal wütend oder manchmal traurig sind.
3. Warum sollte jeder eure neue Veröffentlichung kaufen?
Bulli: Haha - gute Frage! Ganz ehrlich, ich spreche jetzt mal nur für mich: Ich habe zwei Jahre fast täglich an dieser Platte und allem drumherum gearbeitet. Die steckt so voller Herzblut, denn das ist genau das, was ich liebe, was ich immer machen wollte und immer machen will. Die Songs habe ich, also wir, geschrieben und daran gearbeitet, damit ich durch diese Zeit komme und die sind sowohl persönliche Mentalhygiene meinerseits als auch Mutmachhymnen für jede*n Einzelne*n da draußen, der* / die* dies braucht und haben möchte.
Steff: Die meisten meiner, also unserer, Songs sind sowohl Druckablassventile wie auch Verarbeitungstherapien diverser Erlebnisse oder Umstände. Das mag vielleicht egoistisch klingen, aber somit mache ich in erster Linie tatsächlich erstmal für mich selbst Musik, weshalb aus dieser Sicht natürlich niemand die neue Veröffentlichung kaufen muss. Tatsächlich ist es aber scheinbar so, dass wir gerade mit vielen persönlichen Themen vielen Menschen aus der Seele sprechen, ihnen Mut machen, Hilfestellung geben, sie zum Umdenken bewegen etc. So sind zumindest die Feedbacks. Deshalb dürfen gerne alle, für die Punk mehr ist als Saufen, Ficken, Oi, also alle nachdenklichen, emphatischen, kaputten, suchenden diese Platte kaufen und entweder auftanken oder sich einfach von dem Gefühl Kraft geben lassen, dass sie nicht alleine sind.
4. Was habt ihr euch von eurer ersten Gage als Musiker gekauft?
Steff: Eine Kiste Bier! Mehr war leider nicht drin, aber immerhin.
Bulli: Ich glaube das ging damals immer in meine Antikoerper-Export Labelkasse. Dann habe ich eine schulische Ausbildung im Sozialbereich in Wilhelmshaven angefangen und hatte zu der Zeit immer nur 80€ für den ganzen Monat zum Leben. Da musste ich dann mein Zugticket zur Schule von der Gage bezahlen. Es gab immer nur die billigsten Aufbackbrötchen, Nudeln und Oettinger zum Essen - sonst nichts. War mega...
5. Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, dass ihr Musiker werden wolltet?
Steff: Musik hat mich schon immer irgendwie begeistert und ich saß damals als kleines Kind schon sehr oft vor dem Plattenschrank meiner Eltern oder hab mit ihnen irgendwelche Musiksendungen geschaut. Anstatt ein Instrument zu erlernen, hab' ich aber komischerweise das Tennisspielen erlernt. Spätestens als ich irgendwann öfter Gitarre-posend mit dem Tennisschläger vorm Spiegel stand als auf dem Tennisplatz, war für mich klar, wo die Reise irgendwann mal hin gehen könnte.
Bulli: Auch mit 9 oder 10 Jahren wollte ich immer schon Musik machen. Als ein Lehrer mal gefragt hat, was ich später werden will, habe ich "Musiker" geantwortet. Er meinte nur, dass das Quatsch und brotlose Kunst sei. Davon kann man nicht leben und alle Musiker sind verlorene Träumer. Was soll ich sagen - er hatte in jeden Punkt recht - haha.
6. Habt ihr immer noch Träume - oder lebt ihr den Traum bereits?
Bulli: Oh, gibt noch viele Träume und Sachen, die ich persönlich erreichen möchte. Ich denke, wenn man so etwas nicht hat, ist man lost.
Steff: Mein Traum mit Alarmsignal war damals lediglich, irgendwann mal ein Album zu machen. Ich denke, dahinter kann ich einen Haken setzen. Ansonsten würde ich gerne irgendwann mal auswandern. Dazu fehlen mir aktuell aber noch gehörig viel Mut und Kohle. Falls mir bei einem dieser Punkte jemand behilflich sein möchte, bitte Bescheid geben.
7. Was war eure größte Niederlage?
Bulli: Als Steff mich gefragt hat, ob ich bei Alarmsignal spielen möchte und ich "Ja ok" gesagt habe.
Steff: Als ich Bulli gefragt habe, ob er bei Alarmsignal spielen möchte und er "Ja ok" gesagt hat.
8. Was macht euch derzeit als Musiker am glücklichsten?
Steff: Wenn Gaesteliste.de uns zum Beispiel nach einem Interview fragt.
Bulli: Ich mag diese "Promophase", in der wir gerade zum neuen Album stecken, immer sehr gerne. Ist anstrengend, aber macht viel Spaß. Und ich bin gespannt, was es so für Stimmen zu unseren Songs geben wird. Ich persönlich bin sehr zufrieden und würde sagen, dass dies das bisher beste Alarmsignal-Album geworden ist. Das wird bestimmt nicht jede*r so sehen, das ist klar - aber auch darauf bin ich gespannt.
9. Welches ist das schlechteste Lied, das je geschrieben wurde?
Bulli: Da gibt es bestimmt einige, die aber glücklicherweise nie der breiten Masse zugänglich wurden. Wenn man auf veröffentlichte Sachen zurückschaut, war es zum Veröffentlichungszeitpunkt scheinbar ok, nur heute nicht mehr. Aber auf Anhieb fällt mir kein Song ein, der jetzt gar nicht klargeht. Aber wenn ich heute Songs von vor zehn Jahren nochmal aufnehmen würde, würden die natürlich anders klingen und arrangiert anders sein. Ich denke, dass wird immer so bleiben, da man sich ja auch weiterentwickelt. Aber das ist schon ok, so wie es ist. Wenn andere Bands alte Songs nochmal aufnehmen, finde ich die neuen Versionen meist nicht so gut, wie die alten.
Steff: Das schlechteste allgemein oder von uns? Von uns fällt mir da spontan "Astra Pilsener" ein. Total bescheuert von uns, ein Lied über eine Biersorte zu schreiben. Das ist auch nicht mit jugendlichem Leichtsinn zu entschuldigen. Ganz allgemein würde ich nach den letzten Wochen sagen: "Last Christmas" von Wham.
10. Wer - tot oder lebendig - sollte auf eurer Gästeliste stehen?
Steff: Von denen, die nicht mehr unter uns weilen, wären zum Beispiel Johnny Cash oder Joey Ramone immer willkommen. Ansonsten, hm, Hartmut Engler von PUR vielleicht, weil seine Songs oftmals bei unserem Soundcheck herhalten müssen. Oder Helene Fischer, weil ich gerade von ihrem "Null auf 100" Song voll den Ohrwurm habe, ungewollt natürlich. Diesbezüglich würde ich mit ihr da gerne nochmal das Gespräch suchen.
Bulli: Ganz spontan hätte ich kein Bock, wenn GG Allin draufstehen würde.
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