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ANAÏS
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Als Solo-Künstlerin und Songwriterin ist Anaïs erst seit zwei Jahren im Geschäft und live spielt sie gar erst seit letztem Jahr. In dieser Zeit hat sie aber bereits ein enormes Potential in allen Disziplinen gezeigt, eine Menge erstklassiger Songs veröffentlicht, soeben ihre offizielle Debüt-EP "44" vorgelegt und nicht zuletzt bei diversen Festival-Auftritten und als Support-Act für Acts wie z.B. Nina Chuba oder die Giant Rooks auf der Bühne eine unglaubliche Nonchalance an den Tag gelegt, die sie dann auch noch als souveräne Live-Performerin ausweist. Gerade bereitet die ursprünglich aus Hannover stammende Wahlberlinerin ihre erste Headliner-Tour für den Winter vor. Es läuft also, bei Anaïs. Grund genug also, sich mal etwas näher mit der jungen Dame zu beschäftigen und sie unter anderem unsere zehn Fragen zu konfrontieren.
"Ich habe eigentlich schon seit ich zur Schule gegangen bin in Chören gesungen und wurde dabei von einem Lehrer entdeckt, der feststellte, dass ich eine ganz gute Solo-Stimme habe", erzählt Anaïs ihre Geschichte, "ich habe dann Band-Unterricht genommen und bis zu meinem 17. oder 18. Lebensjahr erst mal relativ viele Cover-Versionen gespielt. Ich habe also immer schon gesungen - aber bis dahin nie in dem Rahmen, dass ich selbst irgendwelche Songs geschrieben oder irgendetwas professionell damit verfolgt hätte. Erst mit 20 habe ich während Corona meinen allerersten Song 'My World So Blue' produziert und aus Spaß herausgebracht. Erst da ist die Sache so richtig ans Laufen gekommen. Da ist mein Team auf mich zugekommen und so hat sich die Sache dann professionell entwickelt. Dafür habe ich dann mein Jura-Studium nach drei Jahren an den Nagel gehängt und mich professionell auf die Musik konzentriert - denn Jura war nicht so meine große Leidenschaft." Das hört sich ja alles sehr folgerichtig und schlüssig an.
Was überrascht, ist dabei der Musikstil, den sich Anaïs ausgesucht hat. Anstatt sich in die kommerzielle Pop-Ecke abdrängen zu lassen, schlug sie nämlich auf der musikalischen Seite einen Weg ein, der sie zum organischen (=handgemachten), Soul-, Disco- und R'n'B-Pop führte, der in den 70er und 80er Jahren seine Hochzeit feierte - also lange vor dem Computer-Age und lange bevor Anaïs selbst das Licht der Welt erblickte. Wie ist sie denn auf diese Idee gekommen - bzw. was fasziniert sie an organischer Pop-Musik dieser Art? "Ich höre unfassbar gerne Pop-Musik aus den 80s, 90s - und weniger auch aus den 70s", gesteht Anaïs, "ich denke mein Vater hat auch sehr viel Musik an uns Kinder herangetragen und ich liebe diese Art von Musik, die in Richtung Disco geht. Meine Lieblings-Party-Hits sind auch Songs von George Michael oder auch Queen - alles Sachen, die mit echten Instrumenten gespielt wurden. Das ist mir auch selbst wichtig, weil das so viel Leidenschaft und Seele in die Musik bringt." Ist das auch vielleicht der Grund, warum offensichtlich nicht alle Songs von Anaïs autobiographisch sind, sondern ein durchaus universelles Appeal haben? "Ich finde eigentlich immer recht schnell ein Thema", überlegt Anaïs, "und schreibe über das, was mich gerade beschäftigt oder in meinem Umfeld passiert. Das kann aber manchmal sogar fiktiv sein. Ich habe schon früher immer unheimlich gerne Geschichten geschrieben und das ist ja gerade das Coole, dass man in Songs auch Geschichten erzählen kann." Etwa wie ein Schauspielerin das über ihre Rolle tut? "Voll", stimmt Anaïs zu, "'You Make Me Mad', der nächste Song, den ich jetzt rausbringen werde, basiert zum Beispiel auf einem fiktiven Szenario. Ich habe mir eine Szene vorgestellt, wie ich Montag morgens mit einem Regenschirm durch die Stadt laufe und mich nicht traue, jemanden anzusprechen. Das ist mir noch nie selbst passiert, aber irgendwie fand ich, dass das ein schönes Bild ist, mit dem ich auch aus meiner Komfort-Zone ausbrechen konnte."
Manche von Anaïs' Songs haben aber auch einen ganz konkreten Hintergrund, wie z.B. der Titeltrack ihrer EP "44". "Ja, in dem Song geht es um Ess-Störungen", führt Anaïs aus, "in dem Fall ist '44' ein Symbol für das Gewicht. Das kann man auch an Textzeilen heraushören wie 'less is more', 'you should get slimmer, you shouldn't eat, you could skip dinner' - das ist wie diese Stimme, die man im Kopf hat, wenn man mit Ess-Störungen oder Körperwahrnehmungs-Störungen zu kämpfen hat und die einem dann alles an Minderwertigkeitskomplexen eintrichtert. Ich habe nämlich den Eindruck, dass das in meiner Generation oder meinem Umfeld super präsent ist - auch über Social Media. Ich wollte das ansprechen, weil ich den Eindruck habe, dass ich - aber sicher auch viele andere um mich herum - Probleme mit solchen Dingen zu tun haben." Kurzum: Das passt alles sehr gut zusammen und macht Anaïs zu einer interessanten Alternative zu ihren Kolleginnen aus der "konventionellen" Pop-Musik auf der einen Seite und klassischen Singer/Songwriterinnen auf der anderen - eben weil sie beide Aspekte in ihrer Musik - zudem auf handwerklich hohem Niveau - mit Stil und Augenmaß miteinander verquickt. Zeit also für unsere Fragen...
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1. Was ist deine Definition von "guter Musik"?
Gute, ehrliche Texte, die keine Dinge aufgreifen, die in jedem anderen Pop-Song zu hören sind. Ich achte auch darauf, dass es gut klingt und melodisch ist. Es gibt natürlich die typischen Reimschemata, auf die man immer zurück greift - aber mir ist wichtig, dass der Satz, der das dann umgibt, nicht schon hundert mal gesagt wurde. Und ein guter Refrain ist wichtig - das sind die Grundlagen für einen guten Song.
2. Was war der wichtigste Einfluss bei den Aufnahmen zur neuen Veröffentlichung?
Oh, das ist eine gute Frage. Ich lasse mich immer unterschiedlich inspirieren. Ich denke, es war französischer Disco-Funk gemischt mit klassischem Pop.
3. Warum sollte jeder deine neue Veröffentlichung kaufen?
Weil es meine allererste Veröffentlichung ist und ich unfassbar stolz darauf bin. Es ist auch sehr viel Liebe da hineingeflossen und sehr viel Ehrlichkeit. Es ist auch die Selektion meiner liebsten Songs, die ich in letzter Zeit schreiben durfte. Und ich glaube auch, dass sich viele Leute mit dem identifizieren können, was ich in meinen Songs erzähle.
4. Was hast du dir von deiner ersten Gage als Musiker gekauft?
Gage? Das ist ja als Independent-Musikerin ein bisschen schwierig. Noch habe ich da nichts von holen können. Ich habe aber auf jeden Fall auf Tour schon etliche Runden Kaffee für mein Team und meine Freunde ausgegeben.
5. Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, dass du Musiker werden wolltest?
Ich glaube die Selbstverwirklichung. Es ist ein schönes Gefühl, richtig da zu stehen, wo man hingehört und sich selbst etwas Gutes tut. Und dann ist es auch so, dass man als Musikerin sehr rastlos ist - was mich voll gut vorantreibt. Ich finde auch das ganze Business sehr aufregend. Man ist da sehr im hier und jetzt - hat aber auch eine Motivation für die Zukunft, die aber noch ungreifbar ist.
6. Hast du immer noch Träume - oder lebst du den Traum bereits?
Ich lebe meinen Traum - glaube ich - jetzt schon. Das habe ich neulich erst festgestellt. Man hat ja immer auch so größere Ambitionen wie: "Mal eine Arena auszuverkaufen, wäre ja schon krass". Aber auch der Weg dahin ist schon irgendwie der Traum - weißt du: Auf Tour mit dem ganzen Team in einem Bed & Breakfast an einem Ort in Tschechien zu übernachten, wo man vermutlich nie wieder hinkommen wird. Wenn man mit seinen Leuten das machen kann, was man liebt, dann ist das der Traum, den man lebt.
7. Was war deine größte Niederlage?
Bis jetzt gab es noch keine - und ich würde eine Niederlage auch nie als Niederlage bezeichnen, weil da ja auch immer eine Chance drinsteckt. Man lernt ja auch aus Fehlern und ich habe auch bestimmt schon Dinge erlebt, die jetzt nicht so toll waren - aber gerade das hat mich ja zu dem Menschen geformt, der ich jetzt bin.
8. Was macht dich derzeit als Musiker am glücklichsten?
Ich glaube, die Menschen die mich umgeben. Ich beziehe jedenfalls viele Inspirationen und gute Energie daraus. Und auf der kreativen Ebene hätte ich bis vor einem Jahr noch gesagt, dass es die Studioproduktion ist, aber auch das Live-spielen macht sehr viel Spaß, weil man da in eine Rolle hineinwächst. Ich finde nun beides sehr schön - wenn auch fordernd.
9. Welches ist das schlechteste Lied, das je geschrieben wurde?
Oh mein Gott - ich mag das nicht, so gegen andere zu posten. Kann ich gerade mal auf mein Handy schauen? Das ist so eine schwierige Frage. Ich finde gerade keinen und kann es einfach nicht sagen.
10. Wer - tot oder lebendig - sollte auf deiner Gästeliste stehen?
Stromae der französische Musiker, Produzent und Rapper - weil ich den unfassbar bewundere, weil das, was er macht, zugleich innovativ wie auch klassisch ist. Ich feiere seine Texte, seine Musik, und seine Produktion. Cro finde ich auch ganz toll und aus den 80s vielleicht Lionel Richie. "All Night Long" ist einer meiner größten Lieblingssongs - da stimmt einfach alles.
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Weitere Infos:
www.instagram.com/anaisvibin
www.facebook.com/ana%C3%AFs-359750428154735 allartists.agency/artists/anais
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Text: -Gaesteliste.de-
Foto: -Ullrich Maurer-
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Aktueller Tonträger: 44 (Believe)
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