1. Was ist deine Definition von "guter Musik"?
Gute Musik ist für mich die, die Gefühle auslöst, egal, ob es gute oder schlechte sind. Als ich aufwuchs, war meine musikalische Ausbildung, wenn man das so nennen kann, im Jazz-Bereich. Das hat für mich vieles verkompliziert, denn ich habe immer zu meinen Freund*innen aufgeschaut, die großartige Musiker*innen sind, und gedacht: "Wow, das sind echte Musiker*innen!" Ich selbst dagegen habe mich immer von Musik angezogen gefühlt, die sehr schlicht ist und nur aus ein paar wenigen Akkorden besteht. Aber solange sie Gefühle auslöst, ist genau das für mich tolle Musik.
2. Was war der wichtigste Einfluss bei den Aufnahmen zur neuen Veröffentlichung?
Die EP ist etwas Besonderes für mich, weil sie einen Anfang symbolisiert. Es ist ein ziemlich zögerlicher Start, denn es sind nur vier Songs drauf, während ich bei meinen Konzerten sehr viel mehr spiele, aber sie markieren den Startpunkt von etwas.
3. Warum sollte jeder deine neue Veröffentlichung kaufen?
Warum alle meine Platte auf Vinyl kaufen sollten? Ich denke, weil man so mehr bekommt als bei einer CD, denn das Vinyl ist schon allein für sich ein Kunstgegenstand. Ich habe viel Zeit auf die Gestaltung des Covers verwendet, das im Linoldruck-Verfahren entstanden ist. Ich habe da viel Liebe reingesteckt und die Songs bedeuten mir sehr viel, und das ist der Grund, warum man die EP kaufen sollte (lacht)!
4. Was hast du dir von deiner ersten Gage als Musiker gekauft?
Ich kann mich nicht mehr wirklich daran erinnern, weil es schon so lange her ist. Ich glaube, das war für einen Auftritt bei einer Hochzeit. Ich denke, ich habe die Gage gleich wieder in die Musik gesteckt und vermutlich Kabel und ein Stimmgerät gekauft. Das Ganze ist ein Wirtschaftskreislauf!
5. Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, dass du Musiker werden wolltest?
Ich denke, dass ich schon immer Sängerin sein wollte, aber lange war ich nicht stark genug, das zuzugeben. Es hat sehr lange gedauert, bis ich mir selbst eingestanden habe, dass es das war, was ich machen wollte. Ich habe ein klares Bild im Kopf, von einem Tag, an dem ein Freund meiner Eltern zum Essen vorbeikam. Anschließend schnappte er sich eine Gitarre, ich denke, er lieh sich meine Gitarre, und spielte einen seiner Songs. Er war sehr simpel, aber er hatte ihn geschrieben! Ich war damals noch sehr jung und hatte noch nie eines meiner Lieder vor anderen Menschen gesungen, aber es war so cool, ihn zu sehen, wie er sein eigenes Lied spielt! Das war ein großer Wendepunkt für mich. Danach habe ich dann angefangen, meinen Eltern meine eigenen Lieder vorzusingen...
6. Hast du immer noch Träume - oder lebst du den Traum bereits?
Oh, im Moment lebe ich ganz sicher nicht den Traum, denn ich stecke gerade im letzten Jahr meines Masterstudiums, habe Prüfungen und schreibe meine Abschlussarbeit in Politscher Philosophie und Ethik. Das letzte Jahr des Studiums ist harte Arbeit (lacht)! Aber natürlich habe ich noch jede Menge Träume, ich bin eine Tagträumerin, ich träume die ganze Zeit. Ich weiß, dass sich das lächerlich anhört und total allgemein klingt, aber ich denke, wir alle träumen ein wenig vom Glücklichsein und von mehr Stabilität. Das ist eine sehr simple, kitschige Antwort, aber es geht mir vor allem um das Glücklichsein.
7. Was war deine größte Niederlage?
Vielleicht klingt es gar nicht so schlimm, aber damals war es einfach fürchterlich. Ich bin mal bei einem Festival aufgetreten, bei dem man mich nicht hätte buchen sollen, weil es einfach keinen Sinn ergeben hat. Es war praktisch niemand da, und die wenigen Leute, die mir gegenüberstanden, hat es nicht interessiert. Um nach dem Auftritt zum Backstage zu gelangen, musste ich dann auch noch durch das nicht existente Publikum gehen. Obwohl das jetzt schon ein paar Jahre her ist, erinnere ich mich noch ganz genau an das Gefühl. Vielleicht war es keine Niederlage, weil ich daraus lernen konnte, aber dennoch war es für mich mein schlimmster Tag als Musikerin.
8. Was macht dich derzeit als Musiker am glücklichsten?
Abende wie dieser heute! Mir war nicht bewusst, dass außer mir sonst niemand auftritt, und ich bin froh, dass man mir das nicht gesagt hat, weil ich sonst nicht mutig genug gewesen wäre, das durchzuziehen. Am Ende war der Saal ja dann praktisch voll, und 65 Menschen, von denen ich niemanden kannte, sind gekommen und haben mir zugehört. Das ist Zeit, die sie nicht zurückbekommen (lacht)! Sie haben mir ihren Sonntagabend geschenkt, und das ist toll!
9. Welches ist das schlechteste Lied, das je geschrieben wurde?
Ich weiß darauf nicht wirklich eine Antwort. Es ist sicherlich ein Lied, das keinerlei Gefühle in mir auslöst.
10. Wer - tot oder lebendig - sollte auf deiner Gästeliste stehen?
Definitiv mein Bruder! Er starb, bevor ich angefangen habe, richtig Konzerte zu spielen, aber er kommt in so vielen meiner Songs vor! Ich hatte das große Glück, dass er immer sehr stolz auf mich war, schon bevor ich angefangen habe. Er hatte einen Mitbewohner, der in einer Band gespielt hat, und er schickte mir ein Foto von deren CD: Das könntest du eines Tages sein, du könntest auch ein Album veröffentlichen! Deshalb: Hundertprozentig mein Bruder! Ich würde alles dafür geben, ihn bei einem meiner Konzerte im Publikum zu sehen. Irgendwie ist er aber trotzdem jeden Abend dabei, weil er in so vielen meiner Songs steckt.
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