Mit dem Baseball Project und der 2012 reformierten Paisley Underground Legende The Dream Syndicate ist Steve Wynn als Songwriter, Bandleader und Live-Musiker so gut ausgelastet, dass er eigentlich nicht noch zusätzliche Möglichkeiten bräuchte, sich künstlerisch auszudrücken. Nun ist das aber so, dass der in New York ansässige Musiker zu den Getriebenen seiner Zunft gehört, dessen größte kreative Herausforderung es nach eigener Aussage ist, sich ein mal etwas zurückzunehmen und die Sache etwas ruhiger anzugehen. Insofern kam die Pandemie für Steve Wynn gerade recht. Zwar hörte er auch in dieser Zeit nicht auf, sich musikalisch zu präsentieren - etwa mit einer Reihe von Hauskonzerten aus seiner Wohnung im New Yorker Stadtteil Jackson Heights im Borough Queens -, aber er fand dann auch Zeit und Muße den ersten Teil seiner Biographie zu schreiben, die dieser Tage unter dem Titel "I Wouldn't Say It If It Wasn't True" erscheint. In dieser erzählt er die Geschichte vom Anfang seiner Laufbahn im kalifornischen Santa Monica bis zur Auflösung der ersten Dream Syndicate-Inkarnation im Jahre 1987. Nun reichte es Steve allerdings nicht, für die anstehenden Touren zum Buch auf die Musik vergangener Tage zurückzugreifen, auf die er sich dann in der Autobiographie bezieht - und so kommen wir unvermittelt in den Genuss des ersten echten Steve Wynn-Solo-Album seit der 2008er Scheibe "Crossing Dragon Bridge", die er weiland mit seinem Kumpel Chris Eckman realisierte.
Das nun vorliegende Album "Make It Right" ist dabei keine ganz neue Scheibe, sondern enthält bis auf den Track "Santa Monica", den Steve eigens für dieses Projekt im März dieses Jahres produzierte, Stücke, die er im Laufe der letzten Jahre angesammelt, aber nicht im Rahmen seiner regulären Veröffentlichungen unterbringen konnte. "Make It Right" ist also kein echter Soundtrack zu der Autobiographie, gleichwohl die darauf versammelten Stücke aufgrund ihrer persönlichen Note im inhaltlichen Zusammenhang damit stehen. Grund genug also, Steve Wynn zu diesem Zeitpunkt seiner Karriere - deren Fortbestand ja schon alleine dadurch gesichert ist, dass er seine Autobiographie mit einem weiteren Kapitel fortzuschreiben gedenkt - mit unseren zehn Fragen zu konfrontieren.
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1. Was ist deine Definition von "guter Musik"?
Musik, die dein Leben verändert. Musik die deine Perspektive und deine Denkweise beeinflussen kann. Musik, die dein Erleben soweit verändert, dass du dich anders fühlst, wenn sie vorbei ist. Musik, die wenigstens für einen Moment einen Eindruck bei dir hinterlässt - oder für dein ganzes Leben. Musik, die aktiv ist und dich emotional bewegt.
2. Was war der wichtigste Einfluss bei den Aufnahmen zur neuen Veröffentlichung?
Nun ja: Ein Buch zu schreiben, über mein Leben zu berichten, meine Vergangenheit zu beleuchten und zu bewerten, dieser wieder bewusst gewärtig gegenüber zu werden.
3. Warum sollte jeder deine neue Veröffentlichung kaufen?
Wenn du jemals irgendetwas gemocht hast, das ich zuvor gemacht habe, ist dies die rauste, ehrlichste Destillation dessen, was ich jemals war und wohin ich gehen werde.
4. Was hast du dir von deiner ersten Gage als Musiker gekauft?
Das weiß ich nicht mehr - vermutlich aber eine Tankfüllung, um nach Hause zurückkommen zu können.
5. Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, dass du Musiker werden wolltest?
Ich erinnere mich noch daran, wie ich im Alter von acht Jahren in meiner Nachbarschaft herumlief und dabei an einem Haus vorbeikam, in dem eine Band Musik in einer Garage spielte. Zum ersten Mal in meinem Leben verband ich Musik damit, dass sie von Menschen gemacht wurde. Bis dahin hatte ich immer gedacht, dass sie aus dem Radio käme. Ich denke, das hat in mir dann den Wunsch ausgelöst, das selber machen zu wollen.
6. Hast du immer noch Träume - oder lebst du den Traum bereits?
Um die Psychoanalyse und echte Träume mal außen vorzulassen, würde ich sagen, dass es mir wirklich nur darum geht, so viele Songs zu schreiben, so viele Shows zu spielen und so viele Scheiben machen zu können, wie ich eben kann.
7. Was war deine größte Niederlage?
Vielleicht aus dem Auge zu verlieren, warum ich eigentlich Musik mache und mich auf den Erfolg zu konzentrieren. Das passierte hauptsächlich in den späten 80ern mit The Dream Syndicate. Darüber bin ich aber schnell hinweg gekommen. Ich hatte durchaus mal eine Phase, in der ich von Major-Labels in teuren Hotels untergebracht wurde und zu feinen Essen eingeladen wurde. Das hat Spaß gemacht - aber heute kann ich für meine eigenen Annehmlichkeiten zahlen.
8. Was macht dich derzeit als Musiker am glücklichsten?
Einen guten Song zu schreiben.
9. Welches ist das schlechteste Lied, das je geschrieben wurde?
Ich ziehe heute nicht mehr über andere Leute her. Das habe ich früher oft genug getan und das mache ich nicht mehr. Das beantworte ich also so nicht. Wenn ich einen schlechten Song beschreiben sollte, dann wäre es einer, bei dem man erkennen kann, dass sich der Musiker keine Mühe gegeben hat und der nichts zu sagen hat. Dabei geht es gar nicht darum, ob der Song aus finanziellen Gründen geschrieben wurde. Denn wenn du mal die Motown-Hits nimmst, dann sind die alle aus finanziellen Gründen geschrieben worden - obwohl es sich um Kunst handelt. Nicht auf finanzielle Erfolge zu spekulieren ist ein Luxus der Leute, die sich das leisten können.
10. Wer - tot oder lebendig - sollte auf deiner Gästeliste stehen?
Lenny Bruce, Miles Davis und Norman Mailer. Ich würde gerne mal mit diesem drei an einem Tisch sitzen - obwohl ich da nicht viel zu sagen bräuchte, weil sie das Reden übernehmen würden.
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