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BARTEES STRANGE
Bartees Strange
Fragt man Bartees Strange, welche Rolle die Musik in seinem Leben spielt, muss der Amerikaner nicht lange überlegen. "Musik war schon immer etwas, das ich gemacht habe, weil es mir Spaß gemacht hat und ich es genossen habe. Ich hatte das Gefühl, dass es wie ein Tagebuchschreiben war. Es gab mir das Gefühl, präsenter in meinem Körper zu sein, und das ist auch heute noch so, auch wenn ich jetzt damit mein Geld verdiene. Es ist etwas vollkommen Alltägliches für mich, das einfach Teil meines Lebens ist", erklärt er beim Treffen mit Gaesteliste.de im Berliner Michelberger Hotel Ende Februar.

Wie es klingt, wenn er diese Herangehensweise in Töne übersetzt, kann man nun auf seinem vor wenigen Tagen veröffentlichten Album "Horror" hören, denn klanglich gestaltet Strange seine Welt auf seiner inzwischen dritten LP größer und eklektischer als je zuvor. Mit ein bisschen Hilfe der Tausendsassa Lawrence Rothman (Yves Tumor, Lady Gaga) und Jack Antonoff (Bleachers, Taylor Swift, Lana Del Rey) als Co-Produzenten, bugsiert er die Tugenden der Klassiker der 70er-Jahre, die ihm einst sein Vater näherbrachte - Parliament, Funkadelic, Fleetwood Mac, Teddy Pendergrass und Neil Young - in die Gegenwart und weicht dabei freigeistig mit Schlenkern zu Hip-Hop, Country, Indie-Rock und House allen gängigen Genre-Schubladen aus.

Geboren im englischen Ipswich, verlebte der Sohn eines beim Militär beschäftigten Vaters und einer Opernsängerin als Mutter seine Kindheit in der 20.000-Seelen-Gemeinde Mustang, Oklahoma, bevor er in Washington DC und Brooklyn in Hardcore-Bands spielte und zu Zeiten von Barack Obamas Präsidentschaft als Sprecher der Federal Communications Commission tätig war. Erst im vergleichsweise hohen Alter von knapp 30 veröffentlichte er seine erste EP unter eigenem Namen, der 2020 das Album "Live Forever" und 2022 "Farm To Table" folgten. Doch trotz begeisterter Reaktionen auf die ersten beiden Werke: So richtig angekommen ist Strange erst mit "Horror", wenn er sich in seinen freimütigen Texten seinen eigenen Ängsten stellt, um daran zu wachsen und sich selbst nahe zu sein. "Wenn ich Texte schreibe, ist das wie ein Exorzismus", verrät er. "Ich habe bestimmte Gefühle, die ich einfach rauslassen muss aus meinem Körper. Das war schon immer so und hat sich in all den Jahren nicht verändert." Trotzdem bedeutet das nicht, dass er sein Leben als leidender Künstler fristen will, der Angst vor dem eigenen Glück hat. "Ich denke, letztendlich schreibe ich vor allem Songs über Hoffnung oder den Wunsch nach Hoffnung, den Wunsch nach etwas Besserem. In gewisser Weise könnte man sagen, das Gefühl, das ich austreiben will, ist das der Hoffnungslosigkeit."

Apropos Hoffnungslosigkeit: Was politisch gerade in den USA passiert, erfüllt Strange verständlicherweise mit Sorge, auch wenn er überzeugt davon ist, dass momentan nicht viel dagegen zu machen ist. Seinen Blick richtet er deshalb nach vorn: "Ich denke, am Ende wird die Wahrheit ans Licht kommen", sagt er. "Momentan denken die Leute noch, dass Trump etwas für sie tun wird, aber ich denke, dass sie in vier Jahren feststellen werden, dass ihr Leben vielleicht sogar noch schlechter als jetzt ist. Damit werden sie sich dann auseinandersetzen müssen. Ich habe die Hoffnung, dass die Demokraten einen ambitionierten Plan entwickeln werden, einige Leute zurückzugewinnen. Es gibt in den Staaten eine ganze Reihe junger progressiver Leute, und die Demokraten müssen sich einfach auf jemanden einigen." Auch wenn er sagt, dass er keine echten Favoriten hat, weiß Strange doch genau, wer seine erste Wahl wäre. "Ich mag Gretchen Whitmer, die Gouverneurin von Michigan. Sie ist eine großartige Politikerin! Die Menschen können sich wirklich mit ihr identifizieren, sie ist tough, und sie kennt sich damit aus, mit Männern so zu reden, dass sie schlecht aussehen. Ich hätte sie gern in einer Debatte mit Donald Trump erlebt - sie hätten den Boden mit ihm gewischt!"

Doch weil selbst in diesen schwierigen Zeiten Politik nicht alles ist, baten wir Bartees Strange auch noch, unsere zehn Fragen zu beantworten.

1. Was ist deine Definition von "guter Musik"?

Oh! Meine Definition von guter Musik ist einfach Ehrlichkeit. Wenn jemand wirklich echt ist und wirklich etwas ausdrücken will - das ist meine einzige Richtschnur. Ich mag ehrlich gesagt auch eine Menge Zeug, das schlecht ist, nur weil es sich so anfühlt, als sei es echt. Ich mache so viel Musik, aber es gibt immer noch so viel, das ich nicht mache, und ich bin immer total neugierig, wenn ich Leute höre, die ganz viele unterschiedliche Sachen machen.

2. Was war der wichtigste Einfluss bei den Aufnahmen zur neuen Veröffentlichung?

Dies ist die erste Platte, bei der ich wirklich das Gefühl hatte, dass ich das umgesetzt habe, was mir vorschwebt. Deine erste Platte ist immer eine Compilation all der Songs, die du in deinem Leben bis zu diesem Punkt geschrieben hast, und mit der zweiten Platte versuchst du dann, die Sache am Laufen zu halten. Ich hatte Glück, dass mir eine gute Platte gelungen ist, obwohl ich sie so schnell aufgenommen habe, aber dieses Mal habe ich mir gesagt: Ich will mir wirklich Zeit nehmen, damit das Album all das wiedergibt, was ich in meinem Kopf höre. Dieser Idee bin ich dieses Mal sehr nahegekommen, denn in diesen neuen Songs kommt all das zusammen, was ich liebe."

3. Warum sollte jeder deine neue Veröffentlichung kaufen?

Warum sollten alle meine neue Platte kaufen? Weil ich's gesagt habe (lacht)!

4. Was hast du dir von deiner ersten Gage als Musiker gekauft?

Ich habe mir einen Transporter, einen Tour-Van, gekauft. Es war ein Ford Transit, und den habe ich immer noch!

5. Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, dass du Musiker werden wolltest?

Ja! Ich habe für die Regierung von Obama gearbeitet, als ich etwa 23, 24 war, und ich erinnere mich daran, dass ich den Job gehasst habe. Ich hatte gedacht, dass es ein Traumjob sein würde, und ich habe mein gesamtes Musikequipment verkauft, um nach Washington DC umziehen zu können und diesen Job zu bekommen, aber als ich ihn dann hatte, stellte ich schnell fest: Das ist überhaupt nicht das, was ich will! Also bin ich nach Brooklyn gegangen und habe angefangen, mehr in Bands zu spielen. Insgeheim wollte ich die Musik schon damals zu meinem Broterwerb machen, aber ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass das möglich sein würde. Jahr für Jahr tauchte ich ein bisschen tiefer ein, auch in Sachen Produktion, und irgendwann reduzierte ich die Zeit in meinem Brotjob von einer Fünf- auf eine Vier-Tage-Woche und irgendwann dann auf eine 3-Tage-Woche, um mich mehr der Musik widmen zu können. Über einen Zeitraum von sechs oder sieben Jahren nahm die Musik mehr und mehr Raum ein, bis sie schließlich das Einzige war, was ich machte.

6. Hast du immer noch Träume - oder lebst du den Traum bereits?

Beides. Ich habe noch Träume, aber ich lebe auch den Traum. Was gerade passiert, ist ein Traum auf dem Weg zum nächsten! Es ist toll, Träume zu haben, aber man sollte auch immer offen für alles sein, was auch immer passiert. Nichts von dem, was in meinem Leben geschehen ist, ist so gelaufen, wie ich mir das ausgemalt habe. Alles, was ich tun kann, ist, weiter meinen Weg zu verfolgen und dankbar zu sein für die Chancen, die sich mir präsentieren. Ich hatte zuvor ein ganz anderes Leben, und jetzt darf ich das hier für eine Weile machen, und vielleicht werde ich in Zukunft wieder etwas ganz anderes machen. Ich habe auch ein wirklich erfülltes Leben außerhalb der Musik, das in vielerlei Hinsicht wichtiger ist als meine Musik. So dankbar ich auch bin, versuche ich doch, das Ganze nüchtern zu betrachten.

7. Was war deine größte Niederlage?

Oh, Mann! Ich denke da vor allem an persönliche Dinge, etwa, dass ich die Musik für wichtiger erachtet habe als die Menschen in meinem Leben. Das war eine wichtige Lektion für mich: Egal, wo mich die Musik auch hinführen wird - es gibt wichtigere Dinge als das! Noch vor einigen Jahren war mir das nicht klar, und deshalb habe ich eine Reihe Fehler gemacht.

8. Was macht dich derzeit als Musiker am glücklichsten?

Auch da denke ich vor allem an die persönlichen Dinge: dass ich Menschen um mich habe, die mich lieben und unterstützen und mich als den akzeptieren, der ich bin. Ich bin sehr dankbar, dass das so ist, denn ohne das würde es mir sehr schwerfallen, Musik zu machen.

9. Welches ist das schlechteste Lied, das je geschrieben wurde?

Wow … "Boom, Boom, Boom" von den Black Eyed Peas - ich kann das Lied nicht ausstehen! Da sind wirklich tolle Musiker in der Band, aber ich mag ihre Musik einfach nicht, sorry (lacht)!

10. Wer - tot oder lebendig - sollte auf deiner Gästeliste stehen?

Ich würde gerne eine richtig coole Antwort geben, aber der erste Name, der mir in den Sinn kommt, ist Jimi Hendrix. Das ist natürlich eine ziemlich abgedroschene Wahl, aber er war mein größter Held, als ich mit dem Gitarrespielen angefangen habe!

Weitere Infos:
www.barteesstrange.com
www.instagram.com/bartees_strange
www.facebook.com/BARTEESTRANGE
Text: -Gaesteliste.de-
Foto: -Elizabeth de la Piedra-
Bartees Strange
Aktueller Tonträger:
Horror
(4AD/Beggars Group/Indigo)


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