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Mediokre Anomalie

Madeline Juno
Revelle

Köln, Gloria
15.04.2024

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Madeline Juno
Wenn man erfolgreich ist, dann muss man sich als Künstler(in) natürlich mit den Umständen arrangieren und Kompromisse in Bezug auf das, was man selber gerne machen möchte, Erwartungshaltungen, die Vorlieben der Fans und wirtschaftliche Notwendigkeiten machen. Die Songwriterin Madeline Juno hat dabei eine ganz gute Balance für sich selbst gefunden. So sprach sie sich etwa dagegen aus, das ausverkaufte Konzert im Kölner Gloria-Club in eine größere, aber deutlich weniger charmante Halle hochzuverlegen, um mehr Tickets verkaufen zu können, weil sie die Nähe zu den Fans nicht aufgeben wollte. Und musikalisch äußert sich das Ganze mittlerweile so, dass sie auf der Bühne ihre musikalischen Ambitionen in Richtung eines organischeren, druckvolleren und teils rockigen Sound deutlich konsequenter auslebt, als auf den eher poppig angelegten Studio-Produktionen - auch das mit dem Seelenheil der Fans im Hinterkopf. Im Gloria manifestierte sich das dann durch eine immens variantenreiche, ungemein kurzweilige und auch lebhafte Show, bei der Madeline Juno zudem mit der Gitarre in der Hand auf ihre Erfahrungen als Singer/Songwriterin zurückgriff, als die sie ihre Laufbahn dereinst - damals noch auf Englisch - dereinst ins Rollen brachte.
Als Support-Act fungierte Madelines österreichische Kollegin Revelle - die im richtigen Leben Katharina Schwarz heißt und mit der Madeline bereits im letzten Jahr auf Tour war. Wie Madeline Juno auch versteht sich Revelle zunächst als Songwriterin (als die sie bereits für Kolleg(inn)en wie Wilhelmine, Helene Fischer oder Michelle arbeitete). Auf der Bühne präsentiert sich Revelle als hyperaktive Animateurin, die keine Gelegenheit auslässt, das Publikum irgendwie zum "mitmachen" zu bewegen. Aufgrund dessen, dass sich Revelle offensichtlich mit dem Schlager-Metier gut auskennt, wirkte ihre Performance dann ein bisschen so, als habe sie nicht so ganz verstanden, worum es bei einer Madeline Juno-Show eigentlich geht. Jedenfalls wirkten ihre generisch formulierten Schlagerpop-Songs im Vergleich zu dem, was Juno inzwischen zu bieten hat, erstaunlich banal und aufgesetzt. Den selbstironischen Witz und die analytische Tiefe, die Madeline Juno in ihrer Musik zum Ausdruck bringt, suchte man Revelles klischeehaft dahinplätschernden Songs jedenfalls vergeblich.
Dass Madeline Juno vermutlich schon lange in der Depression versunken wäre, wenn sie ihre Musik nicht nutzen könnte, um sich mit ihrer Psyche zu arrangieren, wissen natürlich auch ihre Fans, die in ihren Selbstbespiegelungs-Lyrics dann nach Leitlinien für das eigene Seelenheil suchen. Das macht dann letztlich auch den Erfolg der Songwriterin aus und das hat sie vor allen Dingen selbst auch erkannt. Das wurde in Köln dann zum einen durch die Auswahl der Songs deutlich (gleich zu Beginn ging es mit "Sad Girl Shit" vom aktuellen Album los) - und zum anderen auch, durch die elaborierten Vorträge, die Madeline zwischen ihren Songs erklärend (und auch äußerst amüsant) einstreute und in denen sie das Verhältnis zwischen sich selbst, zur Umwelt und ihren Songs noch mal gerade rückte. Besonders erfreulich auf der musikalischen Seite war dabei der Umstand, dass es hier überhaupt nicht darum ging, die Songs 1:1 wie auf den Studio-Produktionen umzusetzen, um etwa einen Jukebox-Effekt zu erzielen. Stattdessen gab es echte Live-Versionen - unter anderem mit psychedelischen Gitarrensoli von Longtime-Companion Joschka Bender oder Jam-Sessions (während einer Umziehpause) und im Vergleich zu den bekannten Versionen deutlich veränderten Arrangements. So gab es z.B. "Waldbrand" - den ersten "Deutschpop"-Track Madelines - in einer neuen Folk-Pop-Version (die Madeline als "mellow" auslobte) - und überhaupt überraschte es dann, dass erstaunlich oft akustische Gitarren zum Einsatz kamen. Auch Madeline selbst griff öfter zur Gitarre und machte so deutlich, dass es ihr um die Songs und die Inhalte - und nicht um den Stil - ihrer Musik geht.

Natürlich wurden alle wichtigen Hits aus der deutschsprachigen Laufbahn Madelines gegeben (auf der Setlist standen 23 Songs - was für eine Pop-Veranstaltung schon eine ordentliche Leistung darstellt) - aber vielleicht am interessantesten waren dann doch zwei neue, noch unveröffentlichte Songs: In dem auf der Ukulele vorgetragenen Stück "Mediocre" setzt sich Madeline zum Beispiel mit dem Thema "Alter" auseinander. Bei den Gesprächen zur neuen Scheibe etwa hätten sie die Journalisten ausnahmslos auf ihr Alter angesprochen - sodass sie in dem Song auflistete, was sie gerne noch machen oder sein würde und darüber resümiert, vielleicht doch eher "medioker" rüberzukommen. (Das beruht wohl auf einem Missverständnis - denn das Thema "Alter" wurde ja in den Interviews nicht thematisiert, um sie dafür zu kritisieren, dass sie nun auf die 30 zugehe, sondern zu hinterfragen, ob und welche Auswirkungen das in musikalischer Hinsicht haben könne.) Das zweite neue Stück "Anomalie" - laut Madeline eine Ode an das Party-Machen - gab dann einen Einblick auf die mögliche musikalische Weiterentwicklung - denn der Song überraschte dann mit Club- und E-Pop-Elementen; und das ist die Richtung, die Madeline Juno und Joschka Bender für die nächste Produktion bereits ausgemacht haben.

Kurz gesagt war diese Show dann eine Art musikalisches Selbstporträt einer Künstlerin, die ihren Platz im Leben und der Kunst endgültig gefunden hat - trotz oder vielleicht sogar wegen ihres Umgangs mit dem ganzen "Sad Girl Shit".

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Surfempfehlung:
www.madelinejuno.com
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www.youtube.com/@madelinejuno/videos
www.revellerevelle.com
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www.facebook.com/revelleofficial
www.youtube.com/@RevelleMusik/videos
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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