KW 44/2020
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Elvis Costello - Hey Clockface Concord/Universal
Format: LP
Wie macht man ein Meisterwerk? Nun, etwa indem man zunächst mal drauf verzichtet, zu versuchen, irgendwelche Erwartungshaltungen (einschließlich der eigenen) zu bedienen, mutig auf die "Clear"-Taste drückt, bevor man sich - vollkommen ohne Agenda - auf einen kollaborativen, kreativen Prozess einlässt und dabei darauf pfeift, was andere davon halten mögen. So oder ähnlich muss Elvis Costello für sein neues Album "Hey Clockface" vorgegangen sein. Das Ergebnis ist ein Werkum, das sich mit nichts, was der Meister vorher machte (und das ist ja bekanntlich eine ganze Menge), musikalisch vergleichen ließe.
Das in Helsinki, Paris, New York und L.A. eingespielte und produzierte Album zehrt dabei nicht nur von der stilistischen Offenheit Costellos, sondern vor allen Dingen den kreativen Beiträgen der besagten Kollaborateure. Nachdem Costello zunächst mit Eetü Seppälä in Helsinki drei Solo-Songs einspielte, stellte Steve Nieve für die neun Songs der Pariser Sessions das (neben ihm als Pianisten) mit Trompete, Klarinette, Cello und Drums besetzte "Quintette Saint Germain" zusammen, das dann - gemeinsam mit Costello - die Arrangements improvisierte, während in New York ein aus Michael Leonhard, Bill Frisell und Nels Cline bestehendes Ensemble autark musikalische Skizzen entwarf, denen Costello dann seine - bemerkenswert politischen - Lyrics hinzuaddierte. Zusammengefügt wurde das Ganze dann im Mix durch Costello und Longtime-Companion Sebastian Krys in L.A. Das Ergebnis ist zweifelsohne eines der radikalsten - aber auch effektivsten und trotz der eklektischen Umstände zugänglichsten - Alben des Meisters geworden. Versucht hatte Costello so etwas früher schon. Dass es dieses Mal gelang und funktionierte, scheint daran zu liegen, dass er sich dieses Mal konsequent von allen Rock- und Folkie-Roots löste.
-Ullrich Maurer-
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