Über die erste Liebe, falsche Entscheidungen, Zweifel und Verlust, Sein und Schein und auch ihre eigenen Erfahrungen als Musikerin singt die Kanadierin Maya Rae auf ihrem neuen Album. Und das tut sie mit einer Altersweisheit und Attitüde, die eher den Rückblick auf ein langes, erfülltes Leben vermuten ließe als - wie es in diesem Fall nun mal ist - die Vorstellungskraft zweier junger Musiker, die sich mit dem Anspruch hinsetzten, ein Album im Geiste der größten Altvorderen des Songwriter-Genres zu schreiben.

Als Maya und ihr Bruder Gabriel sich im Sommer 2018 entschlossen, dieses Projekt anzugehen, war Maya gerade mal 18 Jahre alt - und gehörte da doch schon zur Veteranen-Riege, denn bereits mit 12 begann sie sich als professionelle Sängerin zu etablieren und nahm mit 14 ihr erstes Album auf. Die seither gewonnene Routine und Selbstsicherheit hört man diesem brillanten Album nun auch deutlich an - aber nicht auf eine unangenehme Weise. Denn das auf eine Einladung hin von Landsmann Steve Dawson in Nashville mit je einer gehörigen Portion Southern Swing, Blues-Schwermut, Gospel-Flair und souliger Opulenz betont zeitlos produzierte Album überzeugt vor allen Dingen durch das brillante Songwriting und die emotionale, soulige Art, in der Maya das Material mit Leben erfüllt - und weniger durch die (ebenfalls implementierte) technische Perfektion der Inszenierung. Gesanglich unterstützt von Allison Russell und ihrem Gatten JT Nero von Birds Of Chicago gelang Maya Rae mit "Can You See Me?" ein makelloses Americana-Album mit dem Flair eines Instant-Klassikers, der immer schon dagewesen ist. Auf diesem Sektor ist sowas schwerlich zu toppen.