Bereits seit längerer Zeit hat sich die "finnische Slide Göttin" Erja Lyytinen von ihrer ursprünglichen Basis gelöst und sucht seither - zunehmend erfolgreich - nach stilistischen Zusatznutzen für ihre Musik. In gewissem Sinne kam Erja die Pandemie dazu gerade recht, denn sie nutzte die Auszeiten nicht nur dazu, das Album "Lockdown Live 2020" einzuspielen, sondern auch, um eine Reihe von Gitarrenbüchern und ihr autobiographisches Buch "The Blues Queen" zu schreiben, ihre eigene Tee-Sorte herauszubringen und natürlich eine Reihe neuer Songs zu schreiben, die - dank der Isolations-Phasen - zu ihren persönlichsten zählen. Was sich dann stilistisch bereits auf dem letzten Studio-Album "Another World" andeutete, setzt sich auf Erjas "Pandemie-Album" musikalisch nun konsequent fort, indem sie weiter in die Bereiche vorstößt, die man in den 70ern gemeinhin als "progressive Rockmusik" bezeichnete. Das meint also Rockmusik, die als solche noch zu erkennen ist, die aber strukturell schon deutlich ambitionierter angelegt ist, als der zu jener Zeit noch dominante Hardrock. Dass sich Erja entschloss, das Projekt am Ende dezidiert als Bandalbum auszuleben - nachdem sie sich zuvor viel Zeit genommen hatte, die technischen und produktionstechnischen Aspekte im Studio auszubaldowern -, macht sich insofern bemerkbar, als dass "Waiting For The Daylight" (ein schöner Aphorismus für die düstere Zeit der Lockdowns übrigens) betont spielfreudig und lebendig daher kommt. Blues gibt es natürlich auch noch - es sind dann allerdings eher Erjas dezidiert rau angelegte Psychedelia-Soli, die wirklich aufhorchen lassen.