Auch mit dem Grandaddy-Album #8 wird nicht abschlüssig deutlich, wer oder wie viele Mastermind Jason Lytle eigentlich ist - aber es lag wohl auch nicht in der Absicht des schratigen Querdenkers, das mit "Blu Wav" zu demonstrieren, denn Kontinuität war noch nie die oberste Priorität des Meisters. Tatsächlich ist "Blu Wav" das erste Grandaddy-Werk mit neuem Material seit dem 2017er "Last Place" (dem eine zehnjährige Auszeit voranging, in denen sich Lytle um seine zahlreichen anderen Projekte kümmerte). Angeregt von einem Bike-Trip durch die freie Natur, bei dem er wohl viel Country-Musik hörte, kam er auf die Idee, auch mal eine Country-Scheibe zu machen. Freilich: Wer das Wirken Lytles kennt, weiß, dass es nicht alleine dabei bleiben konnte.

Während er sich also von klassischen Country-Traditionen inspirieren ließ - und dabei auch auf seine Erfahrungen bei der Mitwirkung an Wüstenrock-Projekten aus dem Howe-Gelb-Universum wie z.B. The Band Of Blacky Ranchette oder Giant Sand zurückgriff - verzichtete er auf der anderen Seite keineswegs auf seine Vorliebe für Elektronica und psychedelische Treatments. Das erklärt dann auch den wunderlichen Titel des Albums: "Blu Wav" ist eine Zusammensetzung aus "Bluegrass" und "New Wave" in einer modernen Schreibweise. Freilich: Weder das eine noch das andere findet sich wirklich auf diesem Werk. Dennoch ist "Blu Wav" musikalisch das konsequenteste und geradlinigste Grandaddy-Album überhaupt geworden. Und warum? Weil sich Lytle auf eine wesentliche Tugend des Country-Settings konzentriert und seine Songs ohne Schnörkel, dafür aber mit viel aufrichtiger Sentimentalität geradlinig auf den Punkt bringt. Freilich: Country-Freunde sollten von diesem Werk dennoch lieber die Finger lassen, denn es ist mehr die Realisierung einer konzeptionellen Idee als etwa eine tatsächliche stilistische Fingerübung.