NACHGEHAKT BEI: CARI CARI
GL.de: Sagt mal, wie seid ihr denn überhaupt auf die Idee gekommen, zusammen zu musizieren? Ihr scheint ja doch sehr verschiedene Persönlichkeiten zu sein.
Alex: Ich war in einer Band und Stephanie hatte ein Solo-Projekt gehabt. Sie ist als Support für meine Band aufgetreten und ich war total begeistert und habe ihr gleich angeboten, in meinem Tonstudio ein Album oder was auch immer für sie aufzunehmen. Irgendwie habe ich es dann aber geschafft, dass ich mich in ihre Band reinreklamiert habe.
GL.de: Und wie kam es dann zu dem wilden "anything goes" Stilmix, der ja schon sehr eigen ist?
Alex: Ich denke das hängt damit zusammen, wie das alles angefangen hat. Ohne dass ich Stephanie jetzt beleidigen will - aber als wir anfingen, war sie die totale Dilettantin. Drei Wochen nach dem wir uns getroffen haben, hat sie z.B. zum ersten Mal hinter einem Schlagzeug gesessen. Das war also gar nicht so geplant.
Stephanie: Ich habe übrigens noch nie irgendetwas gelernt. Ich habe mir alles selber beigebracht und so meine eigenen Sachen komponiert. Ich habe mir zwar vorstellen können, dass ich mal so erdige Trommelsounds haben will, aber das nie umsetzen können. Als wir aber aufeinander getroffen sind, hat das auf ein Mal alles Sinn gemacht.
Alex: Sie hat dann auch gesagt: "Wie geil wäre das denn, wenn wir da jetzt ein Digeridoo einsetzen." Da habe ich erst gesagt, dass das ja überhaupt nicht ginge und sie hat gefragt, wieso nicht. Und da habe ich mich dann gefragt, wieso denn eigentlich nicht. Und seither ist das unser Ding: Immer wenn wir das Gefühl hatten, dass wir das jetzt nicht bringen könnten, dann haben wir gerade das dann extra gemacht.
GL.de: "Geht nicht", gibt's also nicht. Ist es dabei von Vorteil, dass ihr gar nicht den Eindruck vermittelt, dass ihr solche Anarchisten seid? Ihr seht ja eher wie ein sensibles Folk-Duo aus.
Alex: Das passiert uns öfter. Kennst du die Mighty Oaks? Die haben mit uns auf einem Festival in Darmstadt gespielt und wir haben uns kurz vorher gut unterhalten und das Tratschen angefangen, was voll nett war. Und die meinten dann auch nachher, dass sie gedacht hätten, wir würden dann Singer-Songwriter-Sachen machen und waren ganz erstaunt, dass wir sie weggeblasen haben. Also scheinbar ist da tatsächlich so eine Diskrepanz da.
GL.de: Ein bisschen Unberechenbarkeit kann ja auch nicht schaden.
Alex: Genau - was mich vorher in meiner Band immer gestört hatte, war, dass da fünf Burschen waren - außer mir alles sehr gute Musiker -, die alles perfekt machen wollten. Ich selbst habe auch immer elektronische Musik gemacht, wo du diese unbegrenzten Möglichkeiten hast, immer wieder Sachen hinzuzufügen - und da war ich nie happy mit. Mich hat die Herangehensweise von Stephanie total begeistert, einfach ohne Ahnung alles auszuprobieren. Das war so befreiend und wurde dann zu unserem Standard. Zum einen als Minimalismus: Nur etwas hinzufügen, wenn es notwendig ist und alles wegzunehmen, was nicht notwendig ist. Und auf der anderen Seite solche Experimente zu wagen. Das ergibt dann eine wilde Melange aus allen unseren Einflüssen.
GL.de: Und was wären diese Einflüsse?
Alex: King Lizzard & The Lizard Wizard zum Beispiel. Gar nicht von der Musik her, sondern von der Haltung her. Die sind sehr frei und verpacken das, was sie machen, visuell sehr gut. Außerdem haben die mal gesagt, dass sie nie an nur einem Album arbeiten - und das gefällt mir sehr.
Stephanie: Ich mag tatsächlich viel Filmmusik aus den 70ern. Zum Beispiel von Horror- oder alten Kung Fu-Filmen. Das hat immer eine ganz eigene Stimmunb.
Alex: Ich finde es auch immer gut, wenn Stimmen eingefangen werden. Kennst du "Hell Awaits" von Slayer? Das hört sich an, als wärest du gerade in der Hölle. Das ist schon sehr cool.
GL.de: Woher wisst ihr denn, was als Song für euch funktioniert?
Stehpanie: Für mich gibt es immer so einen Sweet Spot, den ich nicht so genau festmachen kann. Ich spüre dann, dass das genau das ist, was ich möchte und das löst dann irgendetwas bei mir aus - dass ich zum Beispiel durchs Studio springen kann; nicht weil ich mir einrede das tun zu müssen, sondern weil es so aus mir heraus kommt.
Alex: Wir müssen nicht zeigen, dass ich ein guter Gitarrist bin oder Stehanie eine gute Drummerin ist, sondern es geht darum, dass wir etwas spüren. Heutzutage ist ja sowieso immer alles stromlinienförmiger oder optimiert und da ist es besser, wenn wir sagen, dass es für uns funktioniert, wenn wir etwas spüren und sagen können: "Geil!" Das hat dann für uns auch immer eine filmische Note. Dass unsere Musik dabei in Filmen vorkommt, hat sich eher so ergeben. Das hat angefangen mit so Hollywood-Serien und jetzt sind wir auch bei einer Guinness-Werbung mit "Anaana" vertreten.
GL.de.: Welche Pläne gibt es musikalisch für die Zukunft? Wird vielleicht wieder alles auf Null gesetzt?
Alex: Na, es gibt sehr viele Ideen, die rumschwirren und das kann sich in mehrere Richtungen entwickeln. Ich sehe zum Beispiel, dass das vielleicht ein bisschen rockiger wird. Der Blues spielt auch ein große Rolle. Ich bin neulich drauf gekommen, dass fast alle Musik, die uns beiden gefällt, auch auf dem Blues wurzelt. Ich bin ein sehr großer Purist beim Blues. Womit man mich jagen kann, ist dieser 80er Jahre polierte Blues mit riesen Schlagzeug-Soli und sowas. Ich stehe eher auf Muddy Waters, Missisppi Delty Blues und Robert Johnson.